Volksbank Kirchheim-Nürtingen lernt ihre Lektion auf die harte Tour

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„Das habe ich ja noch nie erlebt“, so der Anwalt der Volksbank Kircheim-Nürtingen vor dem Stuttgarter Landgericht. Die Volksbank hatte einem Ehepaar einen DG-Fonds Nr. 35 empfohlen, der aktuell insolvenzbedroht ist. Da das Ehepaar 2007 eine Veranstaltung des SfA besucht und in der Folge ein klärendes Gespräch mit der Bank geführt hatte, ging der Bankvertreter von Verährung der Ansprüche des Ehepaares aus. Er führte an, dass bereits 2007 im Handelsblatt über die Aufklärungspflicht über Provisionen berichtet worden sei, woraus er eine kenntnisabhängige Verjährung ableitete. Im Jahr 2009 ließ das Ehepaar durch eine norddeutsche Kanzlei ein Forderungsschreiben erstellen, wollte die notwendige Klage jedoch durch den Schweinfurter Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Dr. Michael Schulze erheben lassen, was in der Folge auch geschah.

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Um dem Ehemann eine Zeugenstellung zu verschaffen, wurde der Schadensersatzanspruch an die Ehefrau abgetreten.

Die Bank bediente sich der üblichen Argumentation. Ein Beratungsvertrag sei nicht geschlossen worden, obwohl sie eine Beratungssituation schilderte. Außerdem seien Ansprüche längst verjährt, da im Jahr 2007 diverse Medien über die Aufklärungspflicht über Provisionen berichtet hätten. Um dem Ehemann seine Zeugenstellung zu nehmen, wurde nach diversen Fristverlängerungsanträgen der Bank Drittwiderklge gegen den Ehemann erhoben.

Dr. Schulze erklärte für diesen ein sofortiges Anerkenntnis betreffend der Drittwiderklage unter Verwahrung gegen die Kostenlast. „Wenn die Bank meint, sicherstellen zu müssen, zukünftig nicht auch noch vom Ehemann in Anspruch genommen zu werden, hätte sie eine entsprechende außergerichliche Aufforderung versenden können. Stattdessen hat sie monatelang darüber philosophiert, ob die vorgelegte Vollmacht ausreichend ist oder nicht“, so Dr. Schulze. „Weder im Handelsblatt, noch in MonaLisa wurde darüber berichtet, daß oder in welcher Höhe die Volksbank Kirchheim-Nürtingen eine Provision erhalten hat. Im übrigen hat der BGH erst 2011 klargestellt, welche Provisionen aufklärungspflichtig sind und erst 2010 zur Frage des Verschuldens Stellung genommen, weshalb vor 2010 ein kenntnisabhängiger Verjährungslauf gar nicht begonnen haben kann“, so der Schweinfurter Fachanwalt.

Das Gericht sah es nach den Ausführungen des Schweinfurter Anwalts ähnlich.

Nach kurzer Unterbrechung unterbeitete es einen Vergleichsvorschlag auf Basis einer Rückzahlung von 85% des Anlagebetrages, was durch die Bank abgelehnt wurde. Mit der vom Gericht vorgeschlagenen Kostenaufhebung im Falle des Vergleichsschlusses herrschte seitens des Anlegeranwalts kein Einverständnis. „Die kühne Drittwiderklage hat den Streitwert verdoppelt, weshalb die Bank die hierfür angefallenen Kosten zu tragen hat“, so Dr. Schulze.

Der Bankenvertreteräußerte diesbezüglich sein Unverständnis, das Gericht bestätigte jedoch die Auffassung von Dr. Schulze. Mit einer Verurteilung der Volksbank durch das Landgericht Stuttgart kann gerechnet werden, sollte die Bank die geltende Rechtslage nicht doch noch akzeptieren und einlenken.

„Die Rechtslage ist im Zusammenhang mit DG-Verfahren mittlerweile eindeutig“, erklärte Dr. Schulze. „Weshalb sich noch heute vermeintlich renommierte Kanzleien auf Vergleiche einlassen, welche allein 25% oder weniger beeinhalten, ist mir unverständlich“. Erneut wird das Stuttgarter Landgericht wohl ein Urteil zu Laseten der Beratungsbank aussprechen, welches in der Folge durch das OLG Stuttgart bestätigt werden wird“, so der vielfach erfolgreiche Schweinfurter Fachanwalt.

Anstelle einer gesichtswahrenden Lösung werden bankseitig unsinnige Streitverkündungen ausgesprochen und massive Reputationsverluste in Kauf genommen. Anstatt die berechtigten Ansprüche der Kunden zu befriedigen, wird gegen diese „zu Felde gezogen“. Ob dies dem raiffeisenschen Prinzip entspricht?

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2 Antworten to “Volksbank Kirchheim-Nürtingen lernt ihre Lektion auf die harte Tour”

  1. vrbankopfer Says:

    Als Zuschauer blieb mir der Eindruck: Die Bankenseite versuchte mit allen juristischen Tricks, den Anleger in die Verjährungsfalle zu locken. Dazu gehörten auch sehr großzügig ausgeschmückte Interpretationen von vorgeblichen Aufklärungen des Kunden. Echte Entlastungsbeweise indes konnte die Bank zu keiner Zeit vorlegen. Seltsamerweise sind die für die Klärung des Sachverhalts interessanten Belege bei der Bank nicht mehr vorhanden. Wieviel Provision die Bank von der DG-Anlage bekommen hatte, wußte die Bankenseite angeblich nicht mehr; dagegen aber sehr wohl war man sich sicher, dass mit dem Kunden über Bankvergütungen gesprochen wurde. Wenn das kein Zufall ist!

  2. vobaschaden Says:

    Vater Raiffeisen dreht sich im Grabe um, wenn er die Machenschaften seiner Ur-Ur-Urenkel mitbekommt.

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